C 42 Handlingsystem HS flex heavy | Jung Werkzeugbau GmbH | Werkzeugbau
Die Jung Werkzeugbau GmbH baut ihre Kapazität in der mechanischen Fertigung aus: Eine automatisierte C 42 U von Hermle soll den Dreischichtbetrieb um personenlose Nacht- und Wochenendschichten erweitern. Auf dem Weg dahin überwinden die Verantwortlichen noch die letzten Optimierungshürden und installieren zusätzliche Sicherheitsfeatures.
Es ist Ende Oktober 2022, und wir besuchen die Jung Werkzeugbau GmbH in Ötingheim bei Rastatt. Sichtlich stolz steht uns Thomas Faisz Rede und Antwort zur neuen Anlage, deren Beschaffungsprozess er von technischer Seite betreut hat. In seiner Freizeit spielt er Klarinette. Beruflich gibt er in der Fräsabteilung der Jung Werkzeugbau GmbH den Ton an.
Unter seiner Aufsicht entstehen sowohl Komponenten für den Werkzeug- als auch den Maschinenbau. Ersteres sind Aufträge von Blechumformern: für Tiefziehwerkzeuge, die Edelstahlspülen modellieren, oder Transfer-Werkzeugsätze für Fahrzeuginterieur-Teile aus Aluminium. Bei den Maschinenbauteilen handelt es sich um Komponenten wie Messerträger für Zerkleinerer des Mitgesellschafters, der Dieffenbacher GmbH. Den Gedanken, dass die simpel erscheinenden Messerträger einfach zu fertigen sind, macht Faisz direkt zunichte: „Die Teile sind zwischen 464 und 648 Millimeter lang und kommen in einem Messerringzerspaner zum Einsatz – bis zu 72 Stück pro Ring, der knapp zwei Meter im Durchmesser misst. Wenn wir nicht exakt arbeiten, läuft die Anlage später nicht rund.“ Neben Eigenschaften wie Ebenheit und Parallelität müssen auch die Bohrlöcher exakt gesetzt sein – und zwar auf Umschlag. „Um über die gesamte Bauteillänge auf Zweihundertstel genau zu arbeiten, brauchen wir eine präzise Maschine“, veranschaulicht Faisz.
Die Herausforderungen bei den Werkzeugkomponenten sind anders, aber nicht weniger anspruchsvoll. „Während wir die Aufträge für die Zerkleinerer in einem Schwung fertigen, benötigen die Werkzeugbauteile zahlreiche separate Bearbeitungsschritte. Glüh- und Härteprozesse oder Senkerodieren verändern die Materialeigenschaften und unterbrechen das Fräsen. Wir brauchen Know-how in beide Richtungen“, erklärt Faisz.
Was ihm bei Jung Werkzeugbau gefällt, sind die durchgehenden Prozesse – von der Konstruktion über die Teilefertigung, den Werkzeugbau und die Montage, bis hin zum ersten Probelauf auf den eigenen Großpressen. Sitzt hier ein Knick falsch oder reißt das Blech bei der Umformung, sucht er nach einer Lösung. „Am Ende des Tages sehe ich, was ich gemacht habe“, fasst Faisz zusammen.
Vernetzt und automatisiert
Schnell dreht sich das Gespräch um Fachliches: Seit Januar steht eine neue, automatisierte C 42 U der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG in der Produktionshalle. Sie ist neben einer C 50 U und einer C 52 U das dritte Bearbeitungszentrum aus Gosheim. „Wir wollen zukunftsfähig bleiben – mit einer digitalisierten und erweiterten Fertigung“, erklärt Billy Ege, Kaufmännischer Leiter der Jung Werkzeugbau GmbH. Industrie 4.0-Technologie steckt in der Auftragsverwaltung HACS (Hermle Automation Control System) und der Option, die Anlage mit der Produktionsumgebung zu vernetzen. Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ist das ein förderwürdiges Projekt. Es unterstützt deshalb die Jung Werkzeugbau GmbH im Rahmen des Investitionsprogramms zur Modernisierung der Produktion in der Fahrzeughersteller- und Zulieferindustrie.
Das neue 5-Achs-Fräszentrum der High-Performance-Line ist mit dem flexiblen Handlingsystem HS flex heavy automatisiert. Faisz achtet akribisch darauf, dass auf dem Weg in die Geisterschicht alle Beteiligten jeden Schritt dokumentieren – von der Programmierung bis hin zu den Werkzeugstandzeiten. Er denkt voraus: Spätestens, wenn wieder eine neue Hermle-Maschine einzieht, wird sich der Aufwand gelohnt haben. „Dann kommen wir im Prinzip schneller ans Ziel“, sagt Faisz. Noch fehlen ihm aber ein paar Antworten, bis er die Anlage in die Geisterschicht schickt. „Die Prozesssicherheit steht über allem“, kommentiert er. Beispielsweise optimiert er mit seinem Team das ein oder andere Werkzeug und klärt, ob ein anderer Durchmesser eine bessere Oberflächenqualität erzeugt. „Wir erreichen zwar die vorgegebene Qualität, einzelne Flächen passen jedoch noch nicht zum Gesamtbild. Das ist keine Frage der Fräsmaschine, sondern des Werkzeugs. Relevant sind hier die Anzahl und die Art der Schneiden“, erklärt Faisz.