C 650 | C 400 | RS 3 | Hohner | Einstieg in die Lohnfertigung
Hohner Maschinenbau fühlt sich in der Komplexität und Präzision zuhause. Warum dieses Know-how nicht ausbauen und als Lohnfertiger ein weiteres Standbein aufbauen? Mit zwei roboterautomatisierten 5-Achs-Bearbeitungszentren von Hermle geht der Maschinenbauer optimistisch den entscheidenden Schritt.
Keine Flyer, keine Theaterprospekte, keine Menükarten – in den Druckereien ist es stiller geworden im vergangenen Jahr. Auswirkungen hat das auch auf die Unternehmen, die Maschinen für die grafische Industrie entwickeln, wie die Hohner Maschinenbau GmbH. In diese Stille hinein investiert das Tuttlinger Familienunternehmen in zwei 5-Achs-Bearbeitungszentren der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG, automatisiert mit dem leistungsstärksten Roboter, den die Gosheimer im Programm haben. Hohner steigt damit in die Lohnfertigung ein und baut sich ein viertes Standbein auf – unabhängig von der Druckbranche.
Hans-Peter Schöllhorn, CEO der Hohner Maschinenbau GmbH, muss etwas ausholen, um den Weg vom Drahtheftbereich zur Auftragsfertigung von Präzisionsteilen plausibel zu erklären: „Seit den 1950er Jahren sind wir stark an die grafische Industrie gebunden. Zum einen mit unseren eigenen Anlagen zur Druckweiterverarbeitung, den Sammelheftern, zum anderen als Hersteller von Schmalheftköpfen, die wir weltweit an OEM liefern.“ Hinzu kommen Drahtheftmaschinen – ein dritter wichtiger Geschäftszweig, der Hohner etwas unabhängiger von der klassischen Druckbranche macht. „Heftklammern kommen überall zum Einsatz, von der Broschüre über Masken und Teebeutel bis hin zur nachhaltigen Six-Pack-Verpackung. Sie verbinden zuverlässig und sind einfacher zu recyceln als beispielsweise Klebstoffe“, verdeutlicht Schöllhorn.
Jetzt wird’s persönlich
Schon vor Corona geriet die grafische Industrie unter Druck: Das Internet ist zu einer starken Kommunikationsplattform mit vielfältigen Vertriebskanälen gewachsen. Individuelle Nutzeransprache, beispielsweise durch Retargeting, macht die Onlinewelt attraktiv für Marketingstrategen. Doch mit der Digitalisierung greift das klassische Druckerzeugnis den Trend zur Individualisierung auf – Print wird persönlich. Hohner arbeitet schon länger parallel zu seinen klassischen Sammelheftern an Lösungen für die Digitalverarbeitung und hat vor kurzem beide Welten in einer Anlage zusammengebracht. „Neben personalisierten Broschüren oder Magazinen müssen unsere Kunden auch immer kleinere und vielfältigere Auflagen produzieren können. Wir haben daher unsere neueste Maschine modular gestaltet“, erläutert Hans-Peter-Schöllhorn. „Eine Basis kann mit bis zu fünf Beschickungsvarianten erweitert werden. Vom Sammelhefter über ein Kreuzbruch-, Turm-, Falzhefter- oder Digitalmodul. Die Maschine wächst mit dem Bedarf der Druckerei mit.“
Das Thema Customizing trifft Hohner auch direkt bei seinen eigenen Produkten: „Früher haben wir hohe Stückzahlen des gleichen Typs gefertigt. Heute ist jede Anlage individuell an den Kunden angepasst“, erklärt der Geschäftsführer. Er musste die Fertigung auf die kleineren Stückzahlen umstellen, ohne an Produktivität zu verlieren. Schöllhorn organisierte den Maschinenpark neu und suchte nach einer Lösung, die Produktivität zu steigern. Sein Plan ist es, die Fertigungstiefe zu verringern und nur noch die hochwertigen Zeichnungsteile mit besonderem Qualitätsanspruch intern zu bearbeiten – idealerweise rund um die Uhr. An dieser Stelle kam Hermle ins Spiel.
24/7 Präzision
„Wir brauchten eine Anlage, die höchste Flexibilität mit maximalem Automatisierungsgrad verbindet“, erklärt Andreas Hennemann, Produktionsleiter bei der Hohner Maschinenbau GmbH. Die Anforderungen, unterschiedliche Teile in verschiedenen Dimensionen inklusive diverser Vorrichtungen zu handhaben und zu bearbeiten, erfüllte eine Kombination aus C 650 U und C 400 U. „Die beiden Maschinen ergänzen sich ideal, denn unser Teilespektrum ist immens. Wir fräsen Gussteile, Kunststoff, Messing, Aluminium und Stähle in Dimensionen von bis zu 900 Millimetern. Im Durchschnitt messen unsere Werkstücke jedoch 300 Millimeter, wofür die C 650 U überdimensioniert wäre“, erläutert Hennemann die Entscheidungsfindung. Die Bearbeitungszeit liegt zwischen 15 Minuten und drei Stunden, die Stückzahlen zwischen fünf und 500. Ein starker Roboter sitzt zwischen beiden 5-Achs-Maschinen und bestückt diese vollautomatisch und autark. „Der RS 3 kann bis zu 420 Kilogramm schwere Teile handhaben und ist damit die bestmögliche Besetzung für unsere Anwendung“, ergänzt der Produktionsleiter.
Der Roboter sowie die größere der beiden 5-Achser sind seit November 2020 in Betrieb. „An dieser Art von Anlage braucht es ein Team mit digitalem Verständnis. Unsere Mitarbeiter sind aufgeschlossen gegenüber modernen Technologien und haben einfach Spaß daran, sich in die neue Aufgabe reinzuknien“, sagt Hans-Peter Schöllhorn. Im März 2021 installierte Hermle die C 400 U. Auch hier lief bis dato alles gut, bestätigt Hennemann. „Wir kennen Hermle seit Jahrzehnten und arbeiten schon sehr lange zusammen. Vertrauen hatten wir von Anfang an. Der Service und die Technik haben uns wieder mal überzeugt“, lobt der Geschäftsführer. Sein Plan hat funktioniert: „Die Maschinen laufen einwandfrei. Die Produktivität hat sich von 30 auf 80 Prozent gesteigert. Die dritte personenlose Schicht sowie die Wochenenden sind zu 80 oder 50 Prozent ausgelastet. Das bauen wir noch weiter aus.“